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Psychologie im Leistungssport // Teil 2 - Die sportpsychologischen Techniken
Psychologie im Leistungssport
Mentales Training
Definition Mentales Training nach EBERSPÄCHER 2005:
„Mentales Training ist „das planmäßig wiederholte und bewusste „Sich-Vorstellen“ einer sportlichen Handlung ohne deren gleichzeitige praktische Ausübung.“
Definition Mentales Training nach WEINBERG/GOULD 2003:
„Psychological skills training (PST) refers to systematic and consistent practice of mental or psychological skills.”
Definition Mentales Training nach SCHACK 2006:
„Mentales Training wird zur zielgerichteten Verbesserung oder Stabilisierung einer bestimmten sportlichen Handlung eingesetzt. Dazu wird die interne Repräsentation der Handlung aktiviert und die Ausführung dieser Handlung – möglichst optimal – wiederholt und in einem ausgewählten Kontext mental stimuliert. Diese mentale Stimulation erfolgt ohne beobachtbare körperliche Aktivität.“
Warum Mentales Training?
- Techniken, die sich nicht unbegrenzt wiederholen lassen (Bob-fahren)
- Situationen, die sich nur schwer üben und lernen lassen (Elfmeter im CL-Finale)
- Schnellerer Erwerb und Festigung von Bewegungsabläufen (Tanzkür)
- Wiedereinstieg nach Verletzungen oder Überbrückung von Verletzungspausen (Einstiegsangst abbauen)
- Zusätzliche Kompetenzen erwerben (Entspannungsverfahren selbstständig umsetzen)
- Originär psychische Probleme, die die Leistung einschränken
Psychological Skills Training nach WEINBERG/GOULD 2003:
Sportpsychologische Beratung | Klinisch orientierte Beratung |
–> nicht zwangsläufig Sportpsychologen nötig! Wenn erlernt, selbst durchführbar |
–> Sportpsychologen nötig, professionelle Hilfe unabdingbar! |
Fünf Arten von Mentalem Training nach EBERSPÄCHER 2005
- Training von Bewegungsabläufen (Visualisierungà Bewegungsvorstellung)
- Training zur Selbstregulierung des Aktivierungsniveaus (optimales Aktivierungsniveau)
- Training der Aufmerksamkeitsregulation
- Training der Kompetenzerwartung (PrognosetrainingàAnpassung an den Gegner)
- Training der Selbstgesprächsregulation (Selbstunterstützung und Selbstmotivation)
Mentales Training im Sport:
Probleme beim Einsatz von Mentalem Training:
- Mangelnde Akzeptanz bei Sportlern und Trainern
–> MT ist generell nutzlos
–> mentale Fähigkeiten sind nicht erlernbar
–> MT ist nur was für Kranke
- Mangelnde Einbettung in den Alltag
–> MT kostet zu viel Zeit
–> MT wird zum falschen Zeitpunkt implementiert
- Überzogene Erwartungen
–> Feuerwehrfunktion
Entwicklung individueller Programme für das MT:
- Aufklärung (bezieht sich auf Sportler und seine Umwelt)
–> Wissen vermitteln über die Methoden, ihre Wirkung und die Notwendigkeit
- Entwicklung/Aneignung
–> Identifikation von Stärken und Schwächen, individueller Ziele und geeigneter Maßnahmen
- Anwendung
–> Ziele der Automatisierung von Abläufen, der Integration in den Sportalltag und der Stimulation von Situationen
Voraussetzungen für MT
- Generell: Hohe individuelle Akzeptanz
- Das Training des MT muss auf das Individuum abgestimmt sein
- Zeit zur Implementierung muss vorhanden sein
- Zeit zum Üben im Alltag muss eingeplant werden
- Das Training erfolgt immer in entspanntem Zustand
- Bei Training von motorischen Fertigkeiten:
–> Die Technik muss gut beherrscht werden oder
–> eine klare Bewegungsvorstellung muss vorhanden sein
–> die Kombination aus mentalem und physischem Training wirkt am besten
Ziele des Mentalen Trainings nach MAYER/HERMANN 2010
Ziel: Unterstützung der Entwicklung und des aufeinander Abstimmens der leistungsbestimmenden Faktoren.
Einsatzmöglichkeiten:
- Optimierung der Wettkampfleistung (z.B. durch Selbstregulierung)
- Optimierung der Trainingseffektivität
- Optimierung des Umgangs mit Verletzungen
Methode: Visualisierung von Bewegungen
- Neuromuskuläres Prinzip als möglicher Erklärungsansatz für das MT
- Genaue Analyse des Bewegungsablaufes (Bewegungsvorstellung entwickeln und Knotenpunkte festlegen
- Konkretes MT-Programm (WICHTIG: Auf richtige Bewegungsvorstellung achten!)
- Üben im entspannten Zustand (Entspannungsverfahren lernen)
- Kombination mit „realem“ Üben
Stufenmodell nach EBERSPÄCHER 2001
- Detaillierte Beschreibung der Bewegung (durch den Sportler)
–> sehr arbeitsintensiver Prozess
–> Videobeobachtung
–> praktisches Üben bestimmter Bewegungen
–> Erarbeiten von Knotenpunkten
- Hervorhebung der Knotenpunkte
- Symbolische Markierung und Rhythmisierung der Knotenpunkte (in kurze Worte fassen)
- Mentales Training der symbolisch markierten und rhythmisierten Knotenpunkte
–> z.B. physisches Training, Pause mit Mentalem Training, anschließend erneut PT
Prozess der Vorstellungsentwicklung nach MAYER/HERMANN 2010:
Erstellung einer Formel für das MT am konkreten Beispiel „Golfabschlag“:
- Detaillierte Bewegungsbeschreibung aus der Innenperspektive des Sportlers
- Knotenpunkte in dieser Beschreibung mit Worten markieren (individuell):
Ausgangsstellung (Setup) – Spannung im Rumpf und linken Schulter (Spann)– Verschiebung in meinem Hüftbereich (Rumm) – langes und hohes Finish (Lang)
- Rhythmisierung der Knotenpunkte (ggf. Zusammenlegung von Knoten)
Kurzformel: Setup – Schrumm – Lang
Komplexitätsstufen nach MAYER/HERMANN 2010:
- Bewegung (ohne Variation) à Turnen, Weitsprung
- Bewegung + Variation à Golf, Kajak
- Bewegung + Variation + Team à Eiskunstlauf (Paar)
- Bewegung + Variation + Gegner à Tennis
- Bewegung + Variation + Team + Gegner à Volleyball
- Bewegung + Variation + Gegner + Kontakt à Boxen
- Bewegung + Variation + Gegner + Team + Kontaktà Handball
Mentales Mannschaftstraining nach EBERSPÄCHER & IMMENROTH 1998:
- Schritt: Instruktion
–> Darstellung der Aufgabe der Mannschaft (z.B. eine bestimmte Taktik)
- Schritt: Selbstinstruktion
–> Individuelle Wiederholung der Instruktion aus der subjektiven Perspektive (individuelles Verhalten)
- Schritt: Selbstgespräche
- Schritt: Knotenpunkte
–> Individuell relevante Knotenpunkte (der gesamten Taktik)
- Schritt: Symbolische Markierung
Aufmerksamkeitssteuerung und Psychoregulation
Aufmerksamkeitsfokussierung im Sport nach NIDEFFER/SAGAL 2002
Das Training der Aufmerksamkeitssteuerung dient beispielsweise zur Bewältigung kritischer Situationen im Wettkampf (benötigen eine bestimmte Aufmerksamkeitsteuerung
–> setzen mentaler „Marker“ an bestimmten Fokussierungssituationen
Entspannungstechniken
- naive Entspannungstechniken (Musik hören, Rituale, Bewegung)
- Drogen und Alkohol
- Yoga
- Autogenes Training
- Progessive Muskelrelaxation
Probleme naiver Entspannungstechniken:
Zeitproblematik, Zwang, Lächerlichkeit von Ritualen, fehlende Systematik
Autogenes Training nach SCHULTZ 1932
Formelhafte Autosuggestion mit dem Ziel der Entspannung!
Formeln: – Ruheformel –> Ruhezustand erreichen
– Schwereformel –> Glieder werden schwer
– Wärmeformel –> Glieder werden warm
Wichtig: Zurücknahme! –> Aktivierungsformel: „Arme+Beine fest, tief einatmen, Augen auf“
Grundidee: Selbsthypnose
Progessive Muskelrelaxation (PMR) nach JACOBSEN
Wechsel von bewusster Anspannung und Entspannung
–> Anspannung einer Muskelgruppe, Entspannen einer Muskelgruppe, Nachfühlen der Entspannung
–> Systematischer Wechsel zwischen Muskelgruppen
Ziel: Erleben des Entspannungsgefühls
Autogenes Training vs. Progressive Muskelrelaxation
Autogenes Training | Progessive Muskelrelaxation |
Vorteile:
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Vorteile:
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Nachteile:
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Nachteile:
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Zielsetzung
Nach WEINBERG/GOULD 2000 unterscheidet man bei der Zielsetzung drei Ebenen:
- Short-Term Goals oder Mini Goals
- Medium-Term Goals oder Intermediate Goals
- Long-Term Goals oder Milestone Goals
Ziele steuern und motivieren Verhalten (können aber auch demotivierend sein)
Man unterscheidet in subjektive und objektive Ziele
Arten von Zielen:
- Ergebnisse (z.B. Meisterschaft)
- Leistung (z.B. 15 Punkte in einem Spiel)
- Verhalten (z.B. 3x/Woche Krafttraining)
Zielsetzung muss als kontinuierlicher Prozess gesehen werden, bei dem Anpassungen an Probleme und Veränderungen berücksichtigt werden.
Prinzipien effektiver Zielsetzung
- Definiere spezifische Ziele
- Definiere anspruchsvolle, aber realistische Ziele
- Definiere langfristige und kurzfristige Ziele bzw. Teilziele
- Definiere Ziele nicht nur anhand des Ergebnisses, sondern anhand konkreten Verhaltens
- Definiere Ziele für das Training wie für den Wettkampf
- Schreibe die Ziele auf
- Definiere den Weg, um die Ziele zu erreichen
- Beachte persönliche Eigenschaften und Voraussetzungen
- Sorge für Akzeptanz der Ziele
- Sorge für soziale Unterstützung und kommuniziere die Ziele
- Achte auf die Überprüfung deiner (Teil-)Ziele und suche nach Feedback
- Lege die Prioritäten deiner Ziele fest
Lesen Sie in Teil 3 – Das Trainerverhalten mehr über die Rolle des Trainers. Über dessen Führungsverhalten im Leistungs- und Jugendsport. Darüber hinaus können Sie abschließend können Sie konkrete Hilfestellungen bezüglich Karriereübergängen erlernen.